Die Investment-Welt steckt voller komplizierter Fachbegriffe. Wir möchten mit diesem Blogbeitrag ein wenig Licht ins Dunkel bringen und haben uns dazu einige der Buzzwords vorgenommen, die aktuell besonders im Rampenlicht stehen. Sollte bei der nächsten Dinner-Party die Tischdiskussion zum Aktienmarkt schwenken, sind Sie mit unseren Erklärungen bestens vorbereitet.
Bärenmarktrally
In einem ausgewachsenen Bärenmarkt-Szenario laufen die Börsen ausschließlich negativ. Richtig? Falsch. Denn auch ein Bärenmarkt zeichnet sich regelmäßig durch Erholungsphasen aus. Diese Rallys können durch verschiedene Faktoren bedingt sein. Dazu gehören beispielsweise ein besonders negatives Börsen-Sentiment mit viel Pessimismus, eine Verknappung auf der Aktienangebotsseite oder verstärkte Buybacks (Aktienrückkäufe, dazu hier gleich mehr).
In der Regel entstehen diese Entlastungsrallies, wenn Risiko-averse Anleger, oft Privatanleger, die Märkte abrupt verlassen und Risiko-tolerantere Anleger, die Kaufgelegenheiten vermuten, zu besseren Kursen Aktien einsammeln. Das treibt, zumindest temporär, die Kurse wieder nach oben. Eine Bärenmarktrally als solche zu erkennen ist herausfordernd, weswegen in Bärenmärkten generell Vorsicht angebracht ist. Die gute Nachricht: Für langfristig orientierte, strategisch Anleger spielen die kurzfristigen Überlegungen in der Regel nur eine Nebenrolle. Deshalb immer cool bleiben. Fun Fact: Die Bärenmarktrally wird auch als „Dead Cat Bounce“ bezeichnet.
Short Squeeze
Der Short Squeeze gelangte jüngst insbesondere im Kontext der sogenannten „Meme-Aktien“ (hier mehr dazu) zu weitläufiger Prominenz. Wir erinnern uns: 2020 begannen große Gruppen von Privatanlegern sich über digitale Foren wie Reddit zu organisieren, um Unternehmen, die ins Visier von zahlreichen Shortsellern geraten waren, gegen diese zu verteidigen. Durch massive Käufe kam es zu enormen Kurssteigerungen der betroffenen Aktien, ohne, dass sich deren fundamentale Daten verbessert hätten.
Die Shortseller, von der Internet-Community als Feindbilder auserkoren, kamen so unter Handlungsdruck. Denn: Sie hatten auf fallende Kurse gesetzt, plötzlich zeichnete sich aber eine konträre Entwicklung ab. Um Ihre Verluste zu begrenzen, waren die Shortseller plötzlich gezwungen, zuvor geliehene Aktien zu höheren Preisen zurückzukaufen und ihre Positionen aufzulösen. Sie wurden folglich aus ihren Short-Wetten herausgedrückt, englisch „sqeezed“. Manch erfahrener Investor spekuliert auf eben dieses Phänomen, indem er in stark geshortete Aktien investiert. Aber Achtung: Diese Art der Spekulation ist enorm risikoreich.
Buybacks
Auch Buybacks (Rückkäufe) tauchen in den Diskussionen um das aktuelle Marktgeschehen immer wieder auf. Sie sind ein Werkzeug im Koffer von Unternehmen, um auf den eigenen Aktienkurs einzuwirken. Durch das Zurückkaufen eigener Aktien reduzieren Unternehmen den frei verfügbaren Aktienbestand und verknappen damit das Angebot. Das wirkt sich auch positiv auf die Kennzahl Earnings per Share (Gewinn je Aktie) und somit oft auf die Bewertung einer Aktie aus. Gleichzeitig können durch Aktienrückkäufe feindliche Übernahmen verhindert werden. Manche Unternehmen kaufen ihre Aktien auch zurück, um diese dann als Teil der Vergütung an die Belegschaft auszugeben. So müssen keine weiteren Aktien emittiert werden.
Antizyklisches Investieren
In Zeiten von geopolitischen Konflikten, konjunkturellen Sorgen und eines generell unsicheren Marktumfelds ist dieses Buzzword aktueller denn je. Der deutsche Bankier Carl Mayer von Rothschild prägte bereits in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts den Ausspruch: „Kaufen, wenn die Kanonen donnern, verkaufen, wenn die Violinen spielen.“ Damit begründete er einen Ansatz, der heute als antizyklisches Investieren oder auch Contrarian Investing bezeichnet wird und der Warren Buffett zur lebenden Legende machte. Eine alternative Version dieses Zitats findet sich im englischen Sprachgebrauch und lautet: „Buy when there is blood in the streets, even if the blood is your own.“ Diese geht offenbar ebenfalls auf einen Rothschild-Bruder zurück.
Antizyklische Investoren versuchen, stets entgegen dem breiten Strom der Retail-Investoren zu schwimmen. Sie suchen dort nach Gelegenheiten, wo andere Anleger Reißaus nehmen. Am liebsten in Marktphasen, in denen weit verbreiteter Pessimismus herrscht. Die Rechnung ist einfach: In starken Märkten sind Unternehmen bereits zu hoch bewertet, um nennenswerte Renditen zu erzielen. In schwachen Märkten hingegen, kommen auch fundamental gesehen attraktive Werte regelmäßig unter die Räder. Und auf genau diese hat man es abgesehen. In ein Unternehmen nur wegen stark gefallener Kurse zu investieren, ist aber keine gute Idee. Ohne detaillierte Research-Arbeit setzen sich Anleger unkalkulierbaren Risiken aus. Und auch professionelle Investoren liegen mit ihrer Einschätzung nicht immer richtig.
Krypto Winter
An Kryptowährungen scheiden sich die Geister. Während eine Fraktion geradezu fanatisch-religiös an eine vollständige Disruption des globalen Finanzsystems glaubt, sieht die andere in Krypto nicht mehr als ein unseriöses Ponzi-Betrugssystem. Und eine Tatsache lässt sich nicht abstreiten: Nach den Kurs-Höhenflügen der letzten Jahre stehen die großen Coins derzeit nicht gut dar. Bitcoin und Ethereum liegen auf Jahressicht bei ca. -50%, Solana steht sogar bei -75%. Stattdessen häufen sich die negativen Schlagzeilen aus der Szene. Die Kryptoplattform Celsius ging jüngst pleite, ein vermeintlicher „Stablecoin“ crashte und verursachte insbesondere bei Privatanlegern Milliardenverluste. Insgesamt scheint die Lage rund um die Kryptowährungen zunehmend ungemütlich, was sich auch an den Geschäftszahlen einiger hoch-gehandelter Growth-Aktien aus dem Bereich Krypto zeigt. Ob und wann sich Krypto zu einer regulierten und soliden Assetklasse entwickelt, das muss sich erst noch zeigen.
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