Wer sich mit dem Thema Geldanlage beschäftigt, wird früher oder später einen Satz hören, der einige Fragen aufwirft: Langfristig steigen die Aktienmärkte. Dieser Satz klingt zunächst mal wie ein Naturgesetz, eine universelle Wahrheit. Aber ist dem so? Oder handelt es sich hierbei um ein Verkaufsargumente der Finanzindustrie? In diesem Beitrag werfen wir einen Blick auf die Daten und zeigen Ihnen, ob und in welchem Ausmaß die Aussage haltbar ist und was das für Sie als Anleger bedeutet.
Was ist mit kurzfristigen Entwicklungen?
„DAX eröffnet schwächer als erwartet“, „US-Aktien auf Allzeithoch“ oder „Aktie tendiert schwächer nach Quartalszahlen“ – mit Headlines dieser Art sehen sich Anleger und Kapitalmarktinteressierte tagtäglich konfrontiert. Angesichts solcher medialer Achterbahnfahrten erscheint der Grundsatz von langfristig steigenden Märkten womöglich etwas weniger glaubwürdig. Doch wichtig ist nicht der Blick auf Tickermeldungen, sondern auf Daten. Sie verraten uns, wie viel Substanz wirklich in dem Grundsatz steckt.
Deutschland: Der DAX auf lange Sicht
Bleiben wir zunächst in heimischen Gefilden und sehen uns den Deutschen Aktienindex (DAX) an. Dabei greifen wir auf ein Instrument zurück, das für Anleger und alle, die es werden wollen, eine wunderbare Hilfestellung ist: Das Renditedreieck vom Deutschen Aktieninstitut. Es visualisiert die historischen jährlichen Renditen im DAX (exklusive Kosten) für verschiedenste Anlagezeiträume von 1973 bis 2023.
Bei der Betrachtung fällt eines direkt auf: Die wenigen Zeiträume mit negativen Renditen befinden sich überwiegend im Bereich zwischen ein und vier Jahren. Bei einer Anlage über zwölf Monate finden sich seit 1973 insgesamt dreizehn Zeitfenster mit einer negativen Rendite. Bei einer Anlage über 10 Jahre sinkt diese Zahl auf zwei. Bei 15 Jahren Anlage gab es seit 1973 keinen einzigen Zeitraum, der bei einem einmaligen DAX-Investment eine negative jährliche Rendite erzielte.
Europa: Der EuroStoxx auf lange Sicht
Auch hier hilft uns das Renditedreieck, in diesem Fall für ein einmaliges EuroStoxx 50 Investment ab 1986. Die Parallelen zum DAX liegen auf der Hand: Negative jährliche Renditen finden sich vor allem in kurzen Anlagezeiträumen.
Welt: Der MSCI World auf lange Sicht
Selbstverständlich darf nach Deutschland und Europa auch der Blick auf die globalen Aktienmärkte nicht fehlen. Der bei vielen Anlegern beliebte Index MSCI hatte ebenfalls die Ehre, in einem praktischen Renditedreieck aufgearbeitet zu werden. In diesem Fall allerdings von Investor & Publizist Christian W. Röhl. Und auch hier die zentrale Erkenntnis: Mit zunehmender Dauer der Anlage sank historisch auch die Wahrscheinlichkeit von negativen Renditen. Interessanterweise greift auch hier die 15-Jahre-Grenze. Unabhängig von Ein- und Ausstiegszeitpunkt machten Anleger mit dem MSCI World in einem solchen Intervall seit 1970 keine Verluste.
Was uns die Daten sagen
Eines müssen wir vorweg anmerken: Historische Renditen sind stets mit Vorsicht zu genießen und garantieren keinesfalls zukünftige Gewinne an der Börse. Die Renditedreiecke zeigen auch, dass es gerade in kürzeren Anlagezeiträumen zu Verlusten kommen kann. Dennoch ist sehr auffällig, dass es Anlagehorizonte gibt, die historisch betrachtet sehr solide Ergebnisse geliefert haben. Und im Kern sind es eben diese Daten, auf die sich berufen wird, wenn davon die Rede ist, dass die Aktienmärkte langfristig steigen.
Marathon und kein Sprint
All die kurzfristigen Faktoren, die den Kurswert von Aktien beeinflussen, dürfen nicht die Perspektive verzerren. Denn wichtig ist für Anleger, das zeigen die Daten, der Blick auf lange Zeiträume und die Renditen, die über diese erzielt werden können. Ob eine Aktie morgen ein paar Prozent höher oder tiefer steht, ist dafür nebensächlich. Viel entscheidender sind die strategische Ausrichtung und das Potenzial eines Unternehmens für die nächsten zehn bis 15 Jahre. Bei all der Berichterstattung über die kurzfristige Entwicklung an den Börsen, ist das durchaus eine Herausforderung. Aber eine, die zu meistern sich lohnt.