Es könnte Rückenwind für Zykliker geben, vorausgesetzt, die USA und China können sich im Handelskonflikt zumindest vorläufig einigen. Wir meinen: Aus dieser Perspektive ist die im Moment Lage besser, als allgemein wahrgenommen. Aber ohne Einigung ist wohl keine Verbesserung zu erwarten.
Vom Analystenteam der DJE Kapital AG
Im September waren wir weiterhin neutral positioniert, insgesamt aber etwas zurückhaltender. Und wie von uns erwartet, hat vor allem die Verbesserung der Nachrichtenlage den internationalen Börsen im September auf die Sprünge geholfen, trotz der sich weiter abschwächenden Konjunktur.
Vorausschauend ist uns für den Oktober nicht bang: Grund unserer Zuversicht sind die markttechnischen Faktoren und der gegenwärtig allzu große Pessimismus, der uns bei zahlreichen Treffen mit Verantwortlichen von Unternehmen und Investoren begegnet ist.
Die Lage in China ist unseres Erachtens besser als allgemein wahrgenommen. Zudem gehen wir von einem Minimalkonsens im Handelskonflikt zwischen den USA und China aus und rechnen damit, dass Deutschland in diesem Szenario profitieren kann. Die USA sehen wir in diesem Umfeld nicht mehr so positiv, sondern nur noch neutral. Japan trauen wir dann, ebenso wie Deutschland, eine überdurchschnittliche Wertentwicklung zu.
Im Falle einer Einigung würden sich auch die Konjunkturerwartungen aufhellen, und zyklische, das heißt konjunktursensible Sektoren bekämen Rückenwind. Dies spräche dafür, bei den Anleihen die kurze Duration beizubehalten. Das war bisher nachteilig, könnte sich nun aber auszahlen.
Wir gehen von einem positiven Ausgang der Gespräche aus. Sollten sie aber scheitern, werden wir kurzfristig, prozyklisch verkaufen, da in diesem Fall kein konjunktureller Aufschwung zu erwarten ist.
Fundamental - die Grundlage
- Handelskonflikt zwischen den USA und China
- Das Wohl und Wehe der Märkte hängt derzeit vom Ausgang des Handelsstreits ab. Kernpunkt dieser Auseinandersetzung ist das Thema Staatssubventionen für die chinesischen staatseigenen Unternehmen (SOEs). (1)
- Kaum vorstellbar, dass China in diesem Punkt bereit ist einzulenken: Chinas staatseigene Betriebe tragen mit ungefähr 30 % zum Bruttoinlandsprodukt bei. (2)
- Das Thema Staatssubventionen könnte man aber möglicherweise ausklammern bzw. zurückstellen und erst im nächsten Jahr diskutieren.
- US-Präsident Donald Trump kann es sich unserer Einschätzung nach nicht leisten, den Deal platzen zu lassen: Seine Umfragewerte sind zu niedrig, und die US-Konjunktur ist zu schwach. Darüber hinaus benötigen die Landwirte in den USA – die eher zu Trumps Wählerschaft gezählt werden – Planungssicherheit für ihre Investitionen. Trump läuft außerdem Gefahr, die traditionellen Wechsel-Staaten (3) zu verlieren.
- Bei einer Einigung im Handelskonflikt könnte der Lagerzyklus (4) anspringen, und die Einkaufsmanagerindizes könnten sich verbessern. Zu vermehrten Investitionen dürfte das aber nicht unmittelbar führen.
- Im Falle eines Scheiterns der Handelsgespräche ist die psychologische Komponente der negativen Rückkopplung nicht zu unterschätzen.
- Konjunktur
- Ohne Handelseinigung wird sich die wirtschaftliche Lage Deutschlands nicht verbessern.
- Fiskalpolitische Maßnahmen, die zur Vermeidung einer Rezession beitragen könnten, sind in Deutschland bislang nicht zu sehen.
- Trump kann nicht viel mehr als 5 % Haushaltsdefizit machen. Damit ist der fiskalische Rückenwind in den USA begrenzt.
- Die US-Konjunktur läuft noch gut. Käme es zu einer Rezession, wäre dies der am längsten und ausführlichsten angekündigte Konjunkturschock.
- Der Brexit ist aus unserer Sicht noch nicht vollends eingepreist, und das ist ein Nachteil für Deutschland. Vielleicht jedoch pokert Premierminister Boris Johnson nur, um ein nach seinen Vorschlägen geändertes Austrittsabkommen zu erreichen. Wir können dies nicht abschließend beurteilen. Der Irlandkonflikt wird hochgespielt: Es geht um die Frage, wie die Grenze zwischen dem EU-Mitglied Irland und dem britischen Nordirland auch nach dem Brexit offen bleiben kann.
- Noch sind die Einkaufsmanagerdaten weltweit weiterhin rückläufig. In China gibt es aber Anzeichen einer Belebung. Dies bestätigten uns auch unsere Firmengespräche, die wir auf unserer jüngsten Asienreise im September geführt haben.
- Die nächste Bilanz-Berichtssaison wird vermutlich durchwachsen ausfallen: Besonders die Ausblicke dürften von den Unternehmen sehr vorsichtig formuliert werden, denn der Markt wird sie sicherlich nicht für mutige Prognosen belohnen.
Monetär - die Geldfrage
- Der Euroraum steht monetär im internationalen Vergleich sehr gut da.
- Das Geldmengenwachstum im Euroraum zieht in jüngster Zeit wieder an.
- Insgesamt lockern die großen Notenbanken ihre Geldpolitik.
- Wir gehen davon aus, dass die US-Notenbank (Fed) beim nächsten Termin die Leitzinsen weiter senken wird – und das nicht, weil US-Präsident Donald Trump das möchte, sondern weil die Konjunkturdaten die Fed dazu zwingen.
- Auch China dürfte die Zinsen senken, um die Konjunktur zu stützen.
Markttechnisch - die Stimmungslage
- Insgesamt ist die marktechnische Analyse konstruktiv. Noch nicht panisch in der Breite, aber doch schon sehr angespannt.
- In den nächsten Wochen halten wir die markttechnischen Indikatoren für relevanter als die fundamentalen Indikatoren.
- Der viel beachtete Bull-&-Bear-Indikator der Bank of America Merrill Lynch (BofAML) ist ein wichtiges Stimmungsbarometer. Es steht derzeit auf dem niedrigsten Stand seit Juni 2016 und „schreit“ förmlich: Kaufen!
- Die beiden Volatilitätsindizes VIX und VXV gelten als „Angstbarometer“. Aus ihrem Quotienten, dem VIX-VXV-Ratio, lassen sich bei Werten unter 1 Kaufsignale ableiten. Aktuell steht der Quotient genau bei 1,0. (5)
- Der Sentix (6) ist ein weiterer Stimmungsindikator, der im Moment sehr „bullish“ ist und steigende Kurse signalisiert. Der Index sieht ein antizyklisches Kaufsignal auf Sicht von 6 Wochen.
- Das Put/Call-Ratio (PCR) (7), d. h. das Verhältnis zwischen Kauf- und Verkaufsoptionen, ist derzeit sehr einseitig negativ.
- Der Saisonrhythmus könnte den Märkten ab Oktober wieder helfen.
Anleihen/Währungen/Gold
- Im laufenden Jahr entwickelte sich Gold besser als Aktien und Anleihen. Aufgrund sehr hoher Hausse-Spekulationen (8) werden wir aber zunächst eine Beruhigung abwarten.
- Goldminen liefen in den letzten Monaten besser als Gold. Wir behalten eine Basisgewichtung in Goldminen bei.
- Für Anleihen sehen wir nur dann wirkliches weiteres Potenzial, wenn wir in eine Rezession abgleiten sollten. Das wäre dann der Fall, wenn der Handelsstreit nicht beigelegt werden kann und eskaliert.
- Bislang haben sich die hochverzinslichen Unternehmensanleihen (High Yield) gut gehalten.
- Diese sind i.d.R. ein guter Frühindikator für die Aktienmärkte. Zwar sind hochwertige Unternehmensanleihen besser gelaufen, und die Risikoaufschläge haben sich ausgeweitet, aber absolut gesehen ist der High-Yield-Markt stabil.
- Die Konjunkturüberraschungen sind derzeit in den USA deutlich ausgeprägter als im Euroraum, was für den US-Dollar spricht. Die markttechnischen Indikatoren für den Euro haben zuletzt nicht funktioniert: Ihnen zufolge hätte der Euro nicht zu weiterer Schwäche neigen sollen. Allerdings sind diese Indikatoren für den Euro als Verkaufssignale besser geeignet denn als Kaufsignale, wie unsere Rückvergleiche belegen.
- Eine Zinssenkung in China würde den dortigen Anleihen Rückenwind geben. Diese bieten immerhin noch Rendite, im Gegensatz zu ihren Pendants in den USA oder in Europa.
Länder
- Sollten sich die USA und China im Handelskonflikt einigen, würde die deutsche Wirtschaft unmittelbar profitieren. Mit etwas Zeitverzug dürften dann aber die Autozölle wieder in den Fokus rücken. Insofern gilt: Nach dem Handelsstreit ist vor dem Handelsstreit. Generell hilft im Euroraum aber auch der schwache Euro – sowohl bei den Gewinnen als auch bei der Bewertung der Auslands-Kapitalanlagen.
- Bei der Brexit-Frage halten wir uns bedeckt. Dazu haben wir keine abschließende Meinung.
- Für Japan sind wir – wie eingangs erwähnt – positiver. Gründe, die für Japan sprechen, sind:
- eine günstige Bewertung im Vergleich zum weltweiten Aktienmarkt, gemessen am Kurs-Gewinn- und Kurs-Buchwert-Verhältnis
- Aufholpotential nach langer unterdurchschnittlicher Entwicklung
- steigende Aktienrückkäufe
- stark gesunkene Unternehmensverschuldung
- ein schwächerer Yen
- Die Konjunkturaussichten Chinas beurteilen wir positiv. Von unserem früheren Steckenpferd Hongkong halten wir dagegen Abstand. Die dortige politische Situation ist zu verfahren und wird sich wahrscheinlich so schnell nicht bessern.
(1) SOEs = state-owned enterprises = staatseigene Unternehmen.
(2) Quelle: China Briefing, Dezan Shira & Associates; https://www.china-briefing.com/news/chinas-soe-reform-process/
(3) Zu den Wechsel-Staaten (swing states) der USA zählen Colorado, Florida, Iowa, Michigan, Minnesota, Ohio, Nevada, New Hampshire, North Carolina, Pennsylvania, Virginia und Wisconsin
(4) Lagerzyklus = die z.T. sehr erheblichen, oft saisonal bedingten Schwankungen in der Lagerhaltung. Lagerzyklus steht auch in Zusammenhang mit dem allgemeinen Konjunkturzyklus. Demnach erhöhen Unternehmen freiwillig ihre Lagerbestände, wenn sie einen Aufschwung erwarten und bauen sie während des Aufschwungs bei dann gestiegenen Produktionskosten wieder ab. Bei einem erwarteten Abschwung reduzieren sie ihre Bestände. Bei einem unerwarteten Aufschwung oder Abschwung verläuft die Entwicklung umgekehrt. Die Unternehmen müssen eine plötzlich gestiegene Nachfrage aus Lagerbeständen befriedigen.
(5) VIX = Volatilitiy Index der Chicago Board Options Exchange (CBOE). Der Volatilitätsindex der Chicagoer Optionsbörse wird aus den impliziten Volatilitäten der Optionen des S&P500 mit 30 Tagen Restlaufzeit berechnet und gibt ein Indiz für die erwartete Schwankungsbreite im Aktienmarkt wieder. Der VXV (VIX3M) ist der entsprechende dreimonatige Volatilitätsindex der CBOE. Das Verhältnis zwischen dem VIX und dem VXV gibt Auskunft darüber, ob die erwartete kurzfristige Schwankungsbreite die langfristig erwartete überschreitet oder umgekehrt: Werte über 1 bedeuten, dass der VXV teurer ist als der VIX; somit liegt eine Normalsituation vor. Beträgt das Verhältnis genau 1, kosten die langfristigen Absicherungen genauso viel wie die kurzfristigen. Ist das Verhältnis kleiner als 1, deutet das auf ein Kaufsignal als Folge eines Tiefpunkts an den Märkten hin. Je extremer dieser Wert dabei ist, umso eindeutiger.
(6) Sentix = Sentiment Index = Marktstimmungsindikator
(7) Put/Call-Ratio = Verhältnis zwischen Kauf- und Verkaufsoptionen. Wenn Verkaufsoptionen überwiegen, deutet dies nach vorherrschender Meinung auf eine negative Marktstimmung (Börsensentiment). Überwiegen dagegen Kaufoptionen, deutet dies aus dieser Sicht auf eine positive Marktstimmung. Tatsächlich ist häufig nach hohen Put-Call-Verhältnissen ein Ansteigen der Kurse zu beobachten. Die PCR gilt deshalb als ein Kontraindikator. Dabei ist zu beachten, dass unter normalen Bedingungen weniger Verkaufsoptionen als Kaufoptionen nachgefragt werden; eine ausgeglichene PCR nahe 1 gilt daher schon als Anzeichen einer leicht negativen Marktstimmung.
(8) Hausse-Spekulation = Die Handelsstrategie, bei welcher der Investor auf steigende Kurse spekuliert, wird „à la hausse“ genannt. Kurssteigerungen über einen längeren Zeitraum werden als Hausse oder Bullenmarkt bezeichnet.
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