Nach einem etwas schwierigeren April war der Mai nun wieder ein positiver Monat an den Börsen. Der weltweite Aktienindex MSCI World gewann im Mai 2,66 Prozent auf Euro-Basis hinzu, der deutsche Leitindex DAX legte 3,16 Prozent zu. Weltweit waren Technologie und Versorger die besten Sektoren, während Energie und zyklischer Konsum enttäuschten. In Europa liefen zuletzt vor allem Finanz-, Kommunikations- und Immobilienwerte sehr gut, während Energie- und Touristikaktien sowie Autos und Chemie enttäuschten.
Die Autoren
Das Analystenteam von DJE beobachtet und bewertet die Märkte laufend anhand der hauseigenen FMM-Methode nach fundamentalen, monetären und markttechnischen Kriterien. Einmal im Monat fassen sie ihre Ergebnisse zusammen. Im Gespräch mit dem Wall Street Experten und Finanzjournalisten Markus Koch geht der Leiter der DJE Research Abteilung, Stefan Breintner, auf die zentralen Thesen ein.
Überblick
Mit Blick auf den Monat Juni bleiben wir grundsätzlich konstruktiv. Ein massiver Einbruch an den Märkten wird derzeit nicht erwartet. Die Zinsen könnten ihren Hochpunkt in diesem Jahr gesehen haben und nun fallen, wie sich zumindest in Europa bereits andeutet. Insgesamt dürfte aber das Zinsumfeld sowohl in den USA wie auch in Europa nicht so schnell nachunten gehen wie geplant bzw. erhofft. Anleihen im mittleren Laufzeitenbereich bleiben durchaus interessant.
An den Aktienmärkten könnte der aktuelle Trend, also die Outperformance von in den Indizes hoch gewichteten und damit hochkapitalisierten Unternehmen mit zukunftsträchtigen Geschäftsmodellen weitergehen. Temporäre Rückschläge werden hier weiter eher als Kaufgelegenheit gesehen. Japan, China und Gold bleiben als Beimischung interessant.
Chancen
- Das Zinshoch dürfte hinter uns liegen, die Zinsenkönnten von nun an auch weiter zurückgehen.
- Aktien von jenen Unternehmen, deren Geschäftsmodellweitgehend konjunkturunabhängig ist, bei hohen Margen und strukturellem Wachstumspotenzial.
- Längerfristig bzw. mit Blick auf die nächsten zehn Jahre gibt es wenig Gründe, warum sich Aktien nicht ähnlich wie in den letzten zehn Jahren entwickeln sollten.
- Japan: Die Saisonalität spricht weiter für Japan. Historisch gesehen war das zweite Quartal meist das stärkste Quartal für japanische Aktien. Ferner hat Japan international den tiefsten Realzins und japanische Aktien haben die beste Aktienrisikoprämie (equity risk premium).
- China: Die Bewertungen chinesischer Aktien sind tief, viele Unternehmen haben sehr hohe Cash-Reserven, die Aktienrückkäufe nehmen zu. Die Regierung zielt ferner darauf ab, Wirtschaft und Kapitalmarkt zu stärken.
Risiken
- Eine mögliche Gefährdung der globalen Wirtschaft ist die Fragilität des US-Finanzsystems. Allerdings werden die Amerikaner keine neue Finanzkrise riskieren und bei auftretenden Problemen rechtzeitig gegensteuern. Risiken aus den Bereichen Private-Equity und Private Credit sind weiterhin schwer einzuschätzen.
- Eine erneute Präsidentschaft von Donald Trump würde den Handlungsspielraum der amerikanischen Notenbank Fed begrenzen.
- Die Liquidität an den Aktienmärkten ist aktuell weiterhin gut. Mittelfristig, also eher auf 5-Jahres-Sicht könnte sich die Liquidität aber verschlechtern und das Liquiditätsthema damit belastend wirken. Diesen Aspekt muss man genau verfolgen.
- Mexikanische Anlagen (in MXN): Grundsätzlich kann man den Trend der letzten Jahre fortschreiben, aber Mexiko könnte zunehmend von der US-Seite Druck erfahren. Eine Strategie, nach Mexiko zu gehen, um den US-Markt zu bedienen, könnte sich als gefährlich erweisen. Der Wechselkurs MXN vs. USD könnte vor allem im Falle eines Wahlsiegs von Trump unter Druck kommen.
Fundamental
- Die US-Wirtschaft wird strukturell ein besseres Wachstum erzielen als die Wirtschaft in der Eurozone.
- Auch wenn USA zuletzt erste Anzeichen von Schwäche zeigten, dürfte das Wachstum mittel- bis langfristig trotzdem deutlich über der Eurozone liegen.
- Die Schwäche Deutschlands lastet auf der Wirtschaftsentwicklung in Europa bzw. in der Eurozone. Europas Problem bleibt die niedrige Potenzialwachstumsrate.
- Hohe Energiekosten sind weiterhin ein bedeutender Belastungsfaktor für die deutsche Industrie.
- Länder in Südeuropa könnten die Schwäche Deutschlands überkompensieren, sodass Europa 2024 und 2025 erneut real wachsen sollte (0,7% bzw. 1,5%).
Monetär
- Eine Korrektur der Zinsen bis Ende 2025 um etwa 100 Basispunkte ist derzeit ein realistisches Szenario. Wir haben also eine ganz andere Situation als zu Jahresbeginn 2024, als eine Korrektur um mehr als 200 Basispunkte bis Ende 2025 erwartet wurde.
- Die Inflationskennzahlen in den USA und Europa dürften hartnäckig erhöht bleiben.
- Nachdem die EZB im Juni bereits die erste Zinssenkung vollzogen hat, erwarten wir eine weitere Zinssenkung bis Jahresende. Für die USA erwarten wir einen Zinsschritt, voraussichtlich erst nach der US-Wahl im November, gefolgt von weiteren drei bis vier Zinsschritten 2025.
- Die Liquiditätssituation an den Kapitalmärkten ist weiterhin relativ gut.
- Ein Wahlsieg Donald Trumps dürfte generell mit Zeitverzug inflationär wirken.
Marktechnisch
- Aus Sentiment-Sicht ist die Markttechnik für Risikoassets als neutral zu betrachten.
- Die Cashquoten der globalen Fondsmanager sind zum ersten Mal nach 2021 auf vier Prozent zurückgegangen.