Marktkommentar Januar 2022: Gute Zeiten für Stockpicker

14
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January
2022
·
Marktkommentar

Im Umfeld hoher Teuerungsraten und steigender Zinsen bleiben Aktien auch 2022 attraktiv. Anleger könnten sich in diesem Jahr gezielt auf die Suche nach den Unternehmen machen, die mit einer vernünftigen Bewertung und gesundem Wachstum aufwarten können.

Die Autoren

Das Analystenteam von DJE beobachtet und bewertet die Märkte laufend anhand der hauseigenen FMM-Methode nach fundamentalen, monetären und markttechnischen Kriterien. Einmal im Monat fassen sie ihre Ergebnisse zusammen. Im Gespräch mit dem Wall Street Experten und Finanzjournalisten Markus Koch geht der Leiter der DJE Research Abteilung, Stefan Breintner, auf die zentralen Thesen ein.

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Überblick Januar 2022

2022 könnte ein Jahr der Value1-Aktien werden, und die Bewertung von Aktien dürfte 2022 stärker im Fokus der Investoren stehen. Aus unserer Sicht wird die Inflation auf einem hohen Niveau bleiben und die Marktzinsen könnten schneller und stärker steigen, als die Investoren heute erwarten. Im Hinblick auf Aktienquoten werden wir hoch investiert bleiben, aber eher nochmals Richtung Value wechseln. Vorsicht ist unserer Meinung nach bei hochbewerteten Wachstums- und Quality-Werten geboten, und wir werden diese nicht zu hoch gewichten.

Fundamentale Aussicht

  • China bleibt schwierig einzuschätzen und risikoreich
  • Fokus auf attraktiv bewerteten Firmen mit akzeptablem Wachstum und hoher Preissetzungsmacht2

Die Konjunkturentwicklung könnte unserer Meinung nach 2022 in Europa und den USA weiterhin positiv überraschen. Europa könnte durch die stärkere monetäre Stimulierung seitens der Europäischen Zentralbank EZB mehr Rückenwind haben als die USA. Schwierig dürfte es zunächst weiter in China bleiben: Durch die Olympischen Spiele wird aller Voraussicht nach auch die Anzahl der Covid-Fälle in China zunehmen. Regiert China hier weiter mit einer „Zero-Covid-Politik“, dürfte dies die Wirtschaftsentwicklung in China erneut stärker belasten. Dadurch kämen die globalen Lieferketten erneut unter Druck, was höhere Logistikkosten mit sich bringen würde. China und von China abhängige Aktien sind vor diesem Hintergrund zunächst schwer einzuschätzen. Auch aufgrund des schwachen Geldmengenwachstums in China bleiben wir hier zunächst vorsichtig. Generell dürfte die Bewertung von Aktien im Jahr 2022 eine wichtigere Rolle spielen als in den letzten Jahren. Die Value-Kategorie bleibt aussichtsreich. Wir setzen darauf, den Fokus auf Aktien von Firmen zu legen, die nicht zu teuer sind und ein einigermaßen gutes Wachstum sowie eine gute Preissetzungsmacht haben.

Monetäre Aussicht

  • Inflation wird auch 2022 hoch bleiben
  • Marktzinsen könnten stärker steigen als erwartet

Die Inflationsentwicklung wird eines der dominierenden Themen an den Kapitalmärkten bleiben. Wir gehen zwar nach wie vor davon aus, dass es vor allem ab der zweiten Jahreshälfte 2022 zu einer Entlastung kommt, allerdings dürfte die Inflation generell auf einem hohen Niveau bleiben. Die Marktzinsen könnten daher schneller und stärker steigen als erwartet, denn die derzeitigen Inflationserwartungen dürften übertroffen werden. Wir bleiben daher für unsere ausgewählten Anleihen bei kurzen Durationen. Im März wird sich die US-Notenbank (Fed) auch zur angestrebten Reduzierung ihrer Bilanzsumme äußern. Hierin liegt ein gewisses temporäres Risiko für den Aktienmarkt. Zinsen sollten im Trend weiter ansteigen, aber nicht in einem Ausmaß, welches gefährlich für die Aktienmärkte wäre. Generell dürften die (US-)Anleihenmärkte 2022 aber mehr von den Investoren und nicht von den Notenbanken bestimmt werden. In Europa ist eine Tapering-Diskussion dagegen noch weit entfernt, demzufolge erscheint Europa aus dem monetären Blickwinkel attraktiver.

Markttechnische Aussicht

  • Im Vergleich zum Vormonat nicht verschlechtert
  • Hoher Pessimismus am Rentenmarkt

Die Markttechnik hat sich gegenüber dem Vormonat nicht verschlechtert. Der NAAIM3-Indikator, welcher die Investitionsquoten von institutionellen Investoren misst, ist aktuell zwar wieder bei knapp 90% (nach unter 70% Anfang Dezember), das US-Put/Call-Ratio4 ist weiterhin im neutralen Bereich. Es ist positiv zu werten, dass die Kassenquote der weltweiten Fondsmanager mit 5,1% wieder in der Kaufzone liegt. Schlechter sieht hingegen die Marktbreite aus, gemessen an den Advance-Decline-Linien5 (z.B. Nasdaq AD-Linie). Antizyklisch positiv ist weiterhin der hohe Pessimismus für Bonds.

Sektoren und Länder Aussicht

  • Ausgewogene Portfolios vorteilhaft
  • Value-Segmente attraktiv
  • Teure Wachstums- und Qualitätsaktien unattraktiv

Wir setzen weiterhin auf eine ausgewogene Portfolioallokation. Steigende Zinsen sollten der Value-Kategorie helfen (z.B. Banken, Versicherungen, Öl & Gas, Chemie und andere zyklische Werte). Wir setzen darauf, die Gewichtungen im Value-Segment weiter auszubauen. Vieles spricht dafür, dass Value-Aktien 2022 besser laufen und 2022 ein gutes Jahr für Dividendenaktien werden könnte – ähnlich wie nach dem Platzen der Technologie-Blase ab 2004. Zwar lassen wir profitable Wachstumswerte nicht außer Acht. Aber Vorsicht ist unserer Meinung nach weiter bei hochbewerten Technologie- und Wachstumstiteln geboten. Regional bevorzugen wir unverändert Europa und die USA vor den Schwellenländern.

Währungen/Rohstoffe/Gold

  • US-Dollar-Stärke könnte wegen der strikteren Fed-Politik weiter anhalten
  • Edelmetalle und Rohstoffe weiter unter Druck
  • Gold weitgehend neutral

Die jüngste Dollarstärke könnte im Trend aufgrund der im Vergleich zu Europa weniger expansiven US-Notenbankpolitik weiter anhalten. Rohstoffe und Edelmetalle leiden generell unter der US-Dollar-Stärke. Gold schätzen wir weitgehend neutral ein. Nach wie vor kommt hier die ETF-Nachfrage nicht in Schwung, und tendenziell steigende Anleiherenditen könnten hier belasten.

 

Fachbegriffe

1 Value-Strategie: Hinter der Value-Strategie (engl. Value = Wert) steht die Idee, dass an der Börse Unternehmen zu finden sind, deren eigentlicher Wert gegenwärtig von Marktteilnehmern noch nicht erkannt wird (unterbewertete Unternehmen). Gegenstück: Growth-Strategie: Die Growth-Strategie (engl. Growth = Wachstum) konzentriert sich weniger auf die Analyse von Einzelunternehmen als auf die Betrachtung ganzer Branchen. Der Growth-Investor versucht, frühzeitig zukünftige Wachstumsmärkte zu erkennen und dann die Unternehmen mit der höchsten Wachstumsdynamik auszuwählen.

2 Unternehmen mit hoher Preissetzungsmacht sind Firmen mit starken Marken, wie der iPhone-Riese Apple, oder solche, die eine starke Marktposition besetzt haben, wie der Softwarehersteller Microsoft oder der Online-Handelsriese Amazon.

3 NAAIM (National Association of Active Investment Managers): Der NAAIM-Exposure-Index bildet das durchschnittliche Engagement seiner Mitglieder an den US-Aktienmärkten ab. Der NAAIM-Index ist nicht vorausschauend, sondern bietet einen Einblick in die tatsächlichen Anpassungen, die aktive Risikomanager in den letzten zwei Wochen an Kundenkonten vorgenommen haben.

4 Put/Call-Ratio = Verhältnis zwischen Kauf- und Verkaufsoptionen. Wenn Verkaufsoptionen überwiegen, deutet dies nach vorherrschender Meinung auf eine negative Marktstimmung (Börsensentiment). Überwiegen dagegen Kaufoptionen, deutet dies aus dieser Sicht auf eine positive Marktstimmung. Tatsächlich ist häufig nach hohen Put-Call-Verhältnissen ein Ansteigen der Kurse zu beobachten. Das PCR gilt deshalb als ein Kontraindikator. Dabei ist zu beachten, dass unter normalen Bedingungen weniger Verkaufsoptionen als Kaufoptionen nachgefragt werden; ein ausgeglichenes PCR nahe 1 gilt daher schon als Anzeichen einer leicht negativen Marktstimmung.

5 AD-Linie (Advance-Decline-Linie): Marktbreite-Indikator der zeigt, ob mehr Aktien steigen oder fallen. Um eine Aussage über die Gesundheit des breiten Marktes treffen zu können, eignen sich Indikatoren zur Messung der Marktbreite teilweise besser als ein Aktienindex. Besonders bei Trendwenden (Top- und Bottom-Formationen) sind die “klassischen” Aktienindizes eher träge. D.h., wenn z.B. ein neuer Bärenmarkt entsteht, und eine Vielzahl der Aktien schon stark gefallen sind, ist das im Index erst recht spät erkennbar.

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