August und September sind saisonal betrachtet oft schwierige Monate. Die monetäre Situation ist außerdem weiterhin als negativ einzustufen. Die Konjunktur in den USA hält sich gut, die Konjunkturrisiken nehmen in Europa dagegen stark zu. Markttechnische Indikatoren sind oftmals stärker im positiven Bereich, liefern aber noch kein klares Verkaufssignal. Viele defensive Sektoren sind 2023 überhaupt nicht gelaufen und bieten daher ein gewisses Aufholpotenzial.
Die Autoren
Das Strategie-Team von DJE beobachtet und bewertet die Märkte laufend anhand der hauseigenen FMM-Methode nach fundamentalen, monetären und markttechnischen Kriterien.
Chancen
- Regional insbesondere Japan und China im Fokus
- Energiesektor zeigt verbessertes fundamentales Umfeld
- Qualitätsanleihen weiter spannend
Im Anleihenbereich sehen wir weiterhin bei Qualitätsanleihen mit Laufzeiten von zwei bis vier Jahren eine attraktive Verzinsung bei sehr moderatem Risiko. Mit Blick auf den Energiesektor zeichnet sich eine Verbesserung des fundamentalen Umfelds ab, unter anderem rückläufige Bohraktivitäten in den USA. (US-)Unternehmen, die stark vom US Inflation Reduction Act profitieren, sollten demnächst eine fiskalpolitische Sonderkonjunktur erfahren. Mit Blick auf die Wirtschaftsregion Japan ist ein relativ gutes Geldmengenwachstum zu verzeichnen und das Land könnte ein „Near shoring“1-Profiteur in Asien sein. Die chinesische Regierung hat inzwischen erkannt, dass sie wirtschaftlich mehr stimulieren muss und dass das Land auch weiterhin stark von der Entwicklung der Weltwirtschaft abhängt. Bei einer höher ausfallenden Stimulierung von Seiten der Regierung könnte sich die chinesische Wirtschaft mittelfristig stärker erholen. Daraus könnten sich wiederum positive Auswirkungen auf den Materials-Sektor ergeben.
Risiken
- Markbreite weiterhin gering
- M1 in Europa und USA rückläufig
- Rezessionsrisiko in Europa gegeben
Die weiterhin tief inversen Zinskurven – mit höheren Zinsen auf Anleihen mit kurzer Laufzeit als für lange – deuten auf eine harte Landung hin. Ein solches Szenario gab es beispielsweise in Deutschland zuletzt in den 1990er-Jahren. Zwar hat sich die Marktbreite zuletzt verbessert. Allerdings kann man nicht von einem gesunden Anstieg sprechen, da die Gewinne der Unternehmen nicht mit den Kursen gestiegen sind. Zudem ist mit Blick auf Europa und die USA eine deutlich rückläufige Geldmenge M1 zu erkennen, und das Anlageumfeld hat sich nach unseren Berechnungen zuletzt weiter verschlechtert.
Fundamental
- Weltweite Rezession unwahrscheinlich
- Stagnationsphase für europäische Konjunktur?
- Stimulation für Chinas Wirtschaft möglich
Während zum aktuellen Zeitpunkt eine globale Rezession eher unwahrscheinlich ist, steigen die konjunkturellen Risiken für Deutschland und Europa deutlich an. Dabei deuten eine starke Abschwächung der Frühindikatoren, u.a. der Einkaufsmanagerindizes und eine tiefe Inversität der Zinskurven, bereits jetzt auf eine harte Landung hin. Europa und vor allem Deutschland könnten vor einer längeren Wachstumsschwäche stehen, wobei vor allem in Deutschland Maßnahmen von Seiten der Politik als sehr kritisch anzusehen sind. So dürfte allein die derzeitige Wirtschaftspolitik zu einer vermehrten Produktionsverlagerung in Richtung Asien oder den USA führen. Die chinesische Regierung hat wiederum erkannt, dass mehr unternommen werden muss, um die Wirtschaft wieder in Gang zu bringen.
Monetär
- Zinsplateau in den USA wahrscheinlich
- Vermutlich keine weiteren Zinserhöhungen durch EZB
- Energiepreise könnten Inflation zu Q4 treiben
Aufgrund der zwar rückläufigen, aber nach wie vor recht hohen Kerninflation erscheinen schnelle Zinssenkungen in den USA derzeit weniger realistisch. Das würde bedeuten, dass wir für einige Zeit mit einem Zinsplateau rechnen müssen – nach Aussage von US-Notenbank-Chef Jerome Powell vom 27. Juli 2023 jedoch mindestens bis ins Jahr 2025, bis die Kerninflation sich wieder im Bereich von rund zwei Prozent befindet. Mögliche Zinssenkungen könnten daher langsamer erfolgen, als es derzeit noch von vielen Marktteilnehmern angenommen wird. Mit Blick auf den europäischen Wirtschaftsraum dürfte die EZB angesichts der eher schwach ausfallenden Konjunktur der deutschen Wirtschaft die Zinsen wohl vorerst nicht weiter anheben. Demgegenüber könnte die Gesamtinflation energiepreisbedingt ab dem vierten Quartal wieder steigen.
Markttechnik
- Indikatoren geben unklares Bild
Niedrige Put-/Call-Ratios2 und hoher Optimismus wie beispielsweise beim Fear-&Greed-Index (Angst-&-Gier-Index) oder NAAIM (US-amerikanische Vereinigung aktiver Fondsmanager) sind antizyklisch eher negativ zu sehen, während hohe Short-Positionen auf den S&P 500 sowie hohe Cash-Quoten in der BofA3-Fondsmanagerumfrage hingegen positiv zu beurteilen sind. Insgesamt dürften die Sentiment-Daten das Potenzial für eine weitere starke Aufwärtsbewegung begrenzen. Für eine stärkere Korrektur an den Märkten müssten die Sentiment-Daten allerdings über einen längeren Zeitraum hinweg im positiven, d.h. optimistischen Bereich bleiben.
Glossar
- Near Shoring: Verlagerung von Produktion in benachbarte Länder.
- Put-/Call-Ratio: Die Kennzahl gibt das Verhältnis von gehandelten Verkaufsoptionen zu Kaufoptionen an und gehört zu den klassischen Stimmungsindikatoren.
- BofA: Bank of America