Für den Juni und die kommenden Monate bleibt das Strategieteam von DJE weiterhin eher vorsichtig. Der Fokus liegt auf defensiveren, weniger zyklischen Bereichen. Nach der guten Entwicklung an vielen Börsenplätzen in den ersten fünf Monaten des Jahres 2023 könnten nun die nächsten Monate schwieriger werden.
Die Autoren
Das Analystenteam von DJE beobachtet und bewertet die Märkte laufend anhand der hauseigenen FMM-Methode nach fundamentalen, monetären und markttechnischen Kriterien. Einmal im Monat fassen sie ihre Ergebnisse zusammen. Im Gespräch mit dem Wall Street Experten und Finanzjournalisten Markus Koch geht der Leiter der DJE Research Abteilung, Stefan Breintner, auf die zentralen Thesen ein.
Zusammenfassung
In Euro gemessen hat sich der weltweite Aktienindex, begünstigt durch eine sehr gute Performance des US-Technologiesektors und eines aufwertenden US-Dollars, im Mai positiv entwickelt. Der deutsche und der breite europäische Markt verzeichneten dagegen Verluste. Auf Sektorenebene haben sich weltweit in der Betrachtungsperiode eigentlich nur Technologiewerte gut entwickelt. Besonders schwach waren im letzten Monat hingegen die Sektoren Energie und Rohstoffe sowie nicht-zyklischer Konsum und Versorger.
Die monetäre Situation ist unverändert als schwierig einzustufen. Die Konjunktur in den USA hält sich weiterhin relativ gut, aber steigende Konjunkturrisiken zeichnen sich sowohl in den USA als auch in Europa ab. Auch die Bankenkrise scheint uns noch nicht völlig ausgestanden.
Fundamental
- Risiken für den Konsum in den USA nehmen zu
- Konjunkturrisiken steigen auch in Deutschland und Europa
- Kaum noch Abwärtspotenzial für Bewertung von chinesischem Markt
Die Konjunktur in den USA hält sich weiterhin relativ gut. Die Reisetätigkeit der US-Amerikaner beispielsweise nimmt bereits stärker ab, unter anderem werden 2023 deutlich weniger Amerikaner nach Europa kommen; Risiken für den Konsum im zweiten Halbjahr nehmen also zu. Die Aufwärtsbewegung im bisherigen Jahr 2023 wurde zudem in den USA im Prinzip nur durch einige hoch gewichtete Technologieaktien getragen.
Auch die Bankenkrise ist aktuell noch nicht ausgestanden. Depositen sind weiter unter Druck, da Banken die gestiegenen Zinsen nicht weitergeben und Geldmarktfonds attraktiver sind. Die Kreditvergabe der Banken wird sich sowohl in den USA als auch in Europa verschlechtern; dies dürfte mittelfristig zu schwächeren Frühindikatoren und schwächerer Gewinnentwicklung in vielen Sektoren führen.
Auch in Deutschland und Europa steigen die Konjunkturrisiken. Bei den meisten Konsumenten in Deutschland liegen die monatlichen Ausgaben über den monatlichen Einnahmen: Der Ausblick für den Konsum mit Blick auf das zweite Halbjahr ist daher schwierig. Mit Blick auf 2024 erscheinen uns viele aktuelle Wachstumsprognosen zu optimistisch: In den aktuellen Prognosen sind die zeitverzögerten Auswirkungen der restriktiveren Geldpolitik noch nicht eingepreist.
In China sind die Inventory-Levels bei Immobilien sehr tief. Seitens der Bewertung dürfte der chinesische Markt kaum mehr Abwärtspotenzial haben. Die geopolitischen Spannungen zwischen den USA und China sind weiterhin unterschwellig präsent. Japan könnte ein längerfristiger Profiteur dieser geopolitischen Spannungen sein, denn Japan gilt als eines der mit am besten positionierten Nearshoring-Länder.
Monetär
- Gesamtinflation sinkt, inklusive Kernrate
- Weitere Zinsänderung nach oben bei EZB möglich
- Ausgewählte hochwertige Anleihen in Europa mit attraktiver Verzinsung
Im Euroraum kommt nun auch die Kernrate auf Sicht von drei Monaten stärker zurück, die Gesamtinflation im Euro-Raum liegt auf Sicht von drei Monaten sogar bei nur noch 2,1 Prozent. Trotz deutlich rückläufiger Inflation wird die EZB am 15. Juni wahrscheinlich einen weiteren Zinsschritt machen; dieser sollte aber auch eingepreist sein. Die Kernrate in den USA liegt aktuell auf einem höheren Niveau als in Europa. Gut informierte US-Marktteilnehmer wie Blackrock-Chef Larry Fink rechnen noch mit bis zu zwei weiteren Zinsschritten, wir halten aber erstmal eine Pause (also keinen weiteren Zinsschritt) beim nächsten Meeting für realistisch.
Bei den 10-jährigen US-Staatsanleihen scheint viel eingepreist. Das Zinsniveau deutscher 10-jähriger Staatsanleihen bleibt weiterhin relativ unattraktiv. Anleihen im Bereich von zwei bis vier Jahren, die zum Beispiel im Euro-Raum stellenweise vier bis fünf Prozent bei teils gutem Rating bringen, sind unserer Meinung nach weiter interessant.
Markttechnisch
- Uneinheitliche markttechnische Signale
- Schwieriger Saisonrhythmus
- Nur wenige große Titel tragen Aufwärtsbewegung in den USA und Europa
Insgesamt ergibt die Markttechnik aktuell ein uneinheitliches Bild: niedrige Put-/Call Ratios und höherer Optimismus beispielsweise beim Fear & Greed-Index sind antizyklisch negativ zu sehen, hohe Short-Positionen auf den S&P 500 sowie hohe Cash-Quoten in der BofA-Fondsmanagerumfrage hingegen als positiv.
Mit Blick auf den Saisonrhythmus befinden wir uns allerdings nun in einer schwierigeren Periode. Eine fehlende Marktbreite ist negativ zu sehen (die Aufwärtsbewegung in den USA und Europa wurde nur von wenigen großen Titeln getragen), ebenso wie eine niedrige Volatilität.